Fallbeispiel ehemalige Pflegeschule Uster

AUFGABE
Das Schulgebäude der ehemaligen Pflegeschule mit Turnhalle aus den 1970er Jahren, seit 2021 von der Spitex genutzt, soll ökonomisch und ökologisch saniert werden. Aktuell besteht seitens Gemeinde kein Bedarf an zusätzlichen Nutzflächen. Die Liegenschaft ist für die Stadt Uster eine Landreserve für einen langfristigen Zeithorizont. Das als Massivbau konzipierte Gebäude hat konstruktive Schwachstellen, ist schlecht isoliert und statisch auf ein Minimum ausgelegt. Die gesamte Gebäudehülle entspricht noch dem Ursprungzustand von 1974 mit Waschbetonfries, vertikal zeichnenden Betonstreben, Putzfeldern und seriell gesetzten Holzfenstern. Ziel der Sanierung ist es, einen Prototyp für Netto-Null-Lösungen mit innovativem Vorzeigecharakter zu erstellen.


LÖSUNGSANSATZ ARCHITEKTUR
Invasive Eingriffe in die Substanz sollen möglichst vermieden werden und der Rückbau in den Originalzustand zu einem späteren Zeitpunkt, zumindest als Absichtserklärung, möglich sein. So werden alle vorhandenen Bauteile wiederverwendet, weitestgehend am heutigen Ort und mit der heutigen Funktion. Um den gestellten Bedürfnissen gerecht zu werden, müssen jedoch Teile der heutigen Bausubstanz verbessert respektive ergänzt werden, bedingt durch Gesetze, Normen und das explizite Anliegen an ein klimagerechtes Haus.

Zusätzliche Massnahmen sollen additiv entweder aus der Wiederverwendung oder durch Bauteile, welche nach einem Rückbau wiederverwendet werden können, realisiert werden. Zum Beispiel die vorgeschlagenen Holzprofile, welche die Hauptstruktur der Gebäudehüllensanierung darstellen. Die 4 Meter langen Profile mit den im Holzelementbau am meisten verwendeten Querschnitten von 6/12cm und 12/12cm sind so im Erstgebrauch sowohl Fassadenkonstruktion als auch Materialvorrat für einen späteren Einsatz. Der Prototyp Nettonull ist also Nutzgebäude und Bauteillager in Einem.

Das mit den Holzprofilen auf die bestehende Fassade applizierte Raster wird mit wiederverwen- deten Materialien gedämmt und verkleidet: Weichfaserplatten, Zellulosedämmung und Wellblech zum Beispiel. Die rhythmisierte Holzkonstruktion nimmt ebenfalls adaptierbar die Re-Use-Fenster auf. Zusammen mit den bestehenden Holzfenstern bilden die neuen divers möglichen Fenster ein energetisch und funktional optimiertes Kastenfenster. Der sommerliche Wärmeschutz wird durch die bestehenden Lammelenstoren, tiefere Fensterleibungen sowie die neuen Brise-Soleil-Elemente gewährleistet. Aus energetischen Gründen müssen die Räume im Untergeschoss ebenfalls gedämmt werden. Dies wird von Innen erfolgen, um die Eingriffe am bestehen Terrain zu minimieren. Im Sockelbereich führt die Aussendämmung bis 60cm unter Terrain.

Die Decken sind allgemein nicht für zusätzliche Lasten ausgelegt. Um im Innenraum keine Verstärkungsmassnahmen machen zu müssen, werden drei Varianten von Dachaufbauten vorge- schlagen. Die Flachdächer über dem eingeschossigen Teil sollen mit einem dichten Spannkabel und darüberliegendem Holzrost überspannt werden, Träger für die recyclebare EPDM-Folie und die extensive Begrünung. Die Dachflächen über der Turnhalle wird mit Fachwerkträgern überspannt, die des zweiten Obergeschosses mit Holzüberzügen, welche die Lasten punktuell in die innere Struktur abgeben können. Diese Dächer werden mit PV-Modulen belegt und bilden eine Art Dachkamm, welcher dreiseitig, eingeschossig umringt wird

Das neu zeichnende Volumen mit kammartigem PV-Dach, begrüntem Dachkranz und der durch Re-Use-Elemente rhythmisierten Fassaden prägen das transformierte Gebäude auf der Basis der inneren, konservierten Struktur

LÖSUNGSANSATZ FREIRAUM
Der bestehende Freiraum ist mit dem fliessenden Wiesen-Grün typisch für die Nachkriegsmoderne. Dieser Charakter wird beibehaltet und durch neue Bäume weitergeführt, die als Baumschule dienen sollen. Dafür werden Pionierbäume genutzt, mit Nearly-Native-Klimabäumen: Birke, Pappel, Ahorn, Eiche, Esche, Vogelbeere, Zürgelbaum. Diese Bäume wachsen schnell, schaffen Schatten, spenden Feuchtigkeit, speichern CO2 und erhöhen die Biodiversität durch neuen Lebensraum für Säugetiere, Vögel und Insekten. Die bestehenden Beläge der Parkplätze und Wege funktionieren gut für die Versickerung und bleiben bestehen. Das Meteorwasser soll in Fassadenbegleitenden Auffangbeeten gesammelt und in Retentionsbecken entlang der Parkplätze geführt. Klar begrenzte Orte werden dafür geschaffen, um den Rest der Parzelle möglichst belassen zu können. Messy ecosystems (Bestand mit Bäumen, fliessendes Grün) and orderly Frames (Retentionsbecken).